TZG Newsletter Juni 2022
Liebe Leserin, lieber Leser, 

welche Bücher haben sie beeindruckt? Gibt es ein Buch, dass sie immer wieder gerne zur Hand nehmen? In diesem Newsletter erzählen wir von unseren Lieblingsbüchern und inspirieren sie möglicherweise zur einen oder anderen Urlaubslektüre.

Mit sommerlichen Grüßen,
das Team des Therapiezentrum Gersthof

Ausblick auf den Herbst:
Vätergruppe im TZG: Der Vater, der ich sein will.
Die neuen Termine für unsere Vätergruppe im TZG im Wintersemester 2022 stehen fest:
Jeweils Donnerstag von 18:15 bis 20:15: 06.10., 13.10., 20.10., 03.11, 10.11., 17.11.
Eine Anmeldung ist gerne ab sofort möglich. Details unter https://vätergruppe.at/
Leitung: Nicolas Ehrschwendner, Telefon: 0670 604 8071
Email: info@vaetergruppe.at

Lieblingsbücher

Die Wolfsfrau

von Clarissa Pinkola Estés 
Lieblingsbuch vorgestellt von DI Robert Bahr

Estés gibt in diesem Buch Märchen und Geschichten aus verschiedenen Kulturkreisen wieder, mit Frauen im Mittelpunkt. Und sie interpretiert diese Geschichten, analysiert sie, immer mit dem Blick auf den Urinstinkt in Phasen des Umbruchs und der Herausforderungen. Die Geschichten sind manchmal wild, manchmal irritierend, manchmal berührend. Aber es sind die Deutungen von Estés, die das Buch so wertvoll machen. Sie regen zum Nachdenken an, zum Reflektieren. Manche Bilder und Ideen sind noch immer bei mir – wie das, das man sich immer wieder neue „Mütter und Väter“ Figuren sucht, um Neues zu lernen. Wie Mitgefühl, das Spielen auf der Trommel des Herzens, wieder Leben in die Leblosigkeit bringen kann.
Wie wichtig die Frage ist, was sterben muss, damit ich wieder lebendiger werden kann. Auch wenn Frauen im Mittelpunkt stehen, habe ich es als Mann mit Freude und Staunen gelesen. Und ich habe danach das Buch manchmal Patientinnen von mir empfohlen, manchmal nur eine Geschichte daraus (meistens die mit Baba Yaga). Und es wurde immer angenommen, hat etwas bewegt, etwas ausgelöst, etwas in Schwingung gebracht und Weite gebracht. Es ist nicht nur voll mit Geschichten, sondern auch mit viel Weisheit und Erkenntnis.

Schattenmund

Roman einer Analyse von Marie Cardinal
Lieblingsbuch vorgestellt von Dr. Isaias Costa
 
Dieses Buch habe ich schon vor sehr vielen Jahren gelesen.
Der prägnante Eindruck ist aber bis heute geblieben.

Die Autorin erzählt in der Ich-Form über ihre Psychotherapie-Erfahrung: von den anfänglichen Überforderungen mit den Symptomen, über die Zweifel zur Therapiewahl, bis hin zu einer tiefen Reise in ihr Unbewusstes. Und schließlich berichtet sie vom enormen Gewinn in ihrer Lebensqualität (zusätzlich zum kompletten Verschwinden der Symptome).

Die Lektüre war sehr ermutigend, als ich selber noch am Anfang meines Prozesses war. Das Buch bleibt für mich eines der vielen Vorbilder einer psychotherapeutischen Beziehung zwischen Klient*in und Therapeut*in.

Eisenhans

von Robert Bly
Lieblingsbuch vorgestellt von DI Robert Bahr

Auch im Eisenhans geht es um Märchen – aber nur um eines, die Geschichte vom Wilden Mann und vom behüteten Königssohn. Bly sucht das Wilde, Natürliche, Kraftvolle im Mann, das von Zivilisation verschüttet ist. Er findet im Märchen die Archetypen – nicht nur den Wilden Mann, auch den Krieger, den Liebhaber, den Narren, den König… und er bringt diese Bilder in Beziehung zu Rollen, die wir Männer zu spielen und zu leben haben.
Vor allem in einer Zeit, wo Rollenbilder durch die Emanzipation brachen, wo Unsicherheit und das Ungewisse in Beziehungen kamen. Die Fragen sich neu gestellt haben: wie will ich mich verhalten, wie soll ich mich verhalten, was wird von mir erwartet. Männer werden von Frauen erzogen, lange schon, nicht nur von den Müttern, wo der Vater arbeiten war, auch im Kindergarten, später in der Schule. Bly spricht von fehlenden Vorbildern, findet aber im Märchen und eben in den Archetypen dann genau diese und bringt sie in den Kontext der modernen Zeit.

Das Buch war sehr wichtig für mich, sozialisiert als Kind und Jugendlicher in den 70ern und 80ern. Im Nachhinein zu verstehen, in welchem Umfeld ich aufgewachsen bin, wie schwierig es mir gemacht wurde, mich als Mann zu sehen und zu verstehen. Und es hat geöffnet, das überhaupt zu erkennen, mir den Weg ermöglicht, schlussendlich mein Mann-Sein anzunehmen, und auch ein paar der Rollen, die daran hängen. Sich das Mann-Sein und das Frau-Sein zurück zu holen, ohne die alten Schubladen, es besser zu machen, als die Generationen vor uns, und das mit offenem Herzen.

Seelische Spaltung und innere Heilung

von Franz Ruppert
Lieblingsbuch vorgestellt von Mag. Meike Hansen

Als der Aufruf für den nächsten Newsletter kam, dachte ich einerseits ich möchte über ein Buch von Franz Ruppert schreiben und andererseits ach je ich habe keine Zeit. Seit einigen Jahren organisiere ich einmal im Jahr seine Seminare in Wien und Mitte Mai konnte es seit längerem wieder in Wien stattfinden. Darum hatte ich wenig Zeit. An dem einen Abend des Seminars las er auch aus seinem neuen Buch. Ich möchte aber erzählen, wie es mir ging als ich vor ca. 13 Jahren sein damals aktuellstes Buch "Seelische Spaltung und innere Heilung" las. Ich dachte, „da komme ich vor, er schreibt auch etwas über mich“.

Es hat mich ungemein berührt, gepackt. So kam eines ums andere, ich war bei einem Seminar und habe dann seine Weiterbildung in München absolviert. Seitdem arbeite ich mit seiner Methode der ioPT und immer wieder kommt es vor, dass Menschen zu mir kommen, weil sie ein Buch von ihm gelesen haben und dann höre ich oft Sätze wie: „Ich erkenne mich wieder, das ist so gut nachvollziehbar wie er schreibt. “Seit seelische Spaltung und innere Heilung" sind sieben weitere Bücher gefolgt, zum frühen Trauma, also alles rund um Schwangerschaft und Geburt,mein Körper, mein Traum mein Ich, oder Liebe, Lust und Trauma um nur einige zu nennen. 

Franz Ruppert selbst sagte einmal in meiner Weiterbildung 2013: „Ich schreibe Bücher um Klarheit für mich zu bekommen für mich und meine Arbeitsweise.“ So wird auch die Arbeitsweise immer den neuen Erkenntnissen angepasst. Die allerersten Bücher vielleicht ausgenommen, sind seine Bücher auch sehr klar geschrieben, also nicht nur für Menschen vom Fach, sehr nahe an unserem Erleben, nicht zuletzt entstanden vor dem Hintergrund einer breiten praktischen Tätigkeit. Vielleicht ist das Interesse da, eines seiner Bücher einmal zu lesen? Seine Traumatherapiemethode ist mittlerweile international sehr bekannt und seine Bücher in viele Sprachen übersetzt. 

Beim Mittagessen in der Mittagspause des Seminars jetzt im Mai, sind wir darauf gekommen,dass ein persönliches Erlebnis von mir mit der Methode gut in sein nächstes Buch passt. So habe ich diese Woche einen kleinen Absatz geschrieben und komme im nächsten Buch nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich vor.

In die Sonne schauen

von Irvin D. Yalom
Lieblingsbuch vorgestellt von DI Nicolas Ehrschwendner

Irvin D. Yalom, geboren 1931 in Washington D.C., ist Psychotherapeut, Psychiater und erfolgreicher Schriftsteller von wissenschaftlichen Büchern und Romanen. Yalom gilt als bedeutendster lebender Vertreter der existenziellen Psychotherapie.
In seinem Buch "In die Sonne schauen" spricht er über die existentiellste Urangst des Menschen schlechthin: die Angst vor dem eigenen Tod. Yalom stellt die Frage: "Gibt es ein Leben vor dem Tod?"
Er beschreibt anhand vieler Beispiele aus seiner psychotherapeutischen Tätigkeit, wie Patient*innen, die im Wissen ihres eigenen nahen Todes waren, einen neuen Blick auf das vielleicht nur noch kurze verbleibende Leben gewonnen haben, und die Kostbarkeit jedes Momentes zu schätzen lernten.
Yalom schreibt: "Auch ich fürchte den Tod, wie jeder Mensch. Er ist unser düsterer Schatten, der sich nicht abschütteln lässt. Dennoch ist dies kein düsteres Buch. Meine Hoffnung ist vielmehr, dass wir begreifen, wie kostbar jeder Moment ist und wie tröstlich unser Miteinander, wenn wir unserer Endlichkeit, unserer kurzen Zeit im Licht, wirklich ins Auge sehen".
Mich selbst hat das Buch nach dem plötzlichen Tod meines Vaters sehr gestützt und auch die Bedeutung meines eigenen Lebens in ein neues Licht gestellt.
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