Skriptum zur Lehrveranstaltung "C.1. Grundlagen der Forschungs- und Wissenschaftsmethodik - Wissenschaftstheorie", 2021, des Propädeutikums der APG
von Isaias Costa, (Version von Dezember 2021),
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Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG
2. BILDER DER WISSENSCHAFT
2.1. Fremdbilder
2.2. Selbstbilder
2.2.1. Meteoriten
2.2.2. N-Strahlen
2.2.3. Die Hohle Erde
2.3. Wie entsteht Wissenschaft?
2.3.1. Goethes Farbenlehre
2.3.2. Historisches Durchsetzungsvermögen
2.3.3. Politische Stärke
2.3.4. Anatomie
3. WISSENSCHAFT ALS HERRSCHAFTSINSTRUMENT
3.1. Geschichte
3.1.1. Logos, Physis und die Vorsokratiker
3.1.2. Die Sophisten
3.1.3. Plato, Aristoteles und die Geburt der Wissenschaft
3.1.4. Seinsdenken - eine Revolution in der Philosophie
3.1.5. Die Kluft zwischen Wissenschaft und Denken
3.2. Die Wissenschaft als politisches Programm
3.2.1. Das politische Programm Galileis
3.2.2. Das Problem des Anderen
3.3. Fakenews
4. DIE KRISE DER WISSENSCHAFT
4.1. Selbstbezug
4.2. Symbolische Sprachen
4.3. Emotionen und Körpergefühle
5. WISSENSCHAFTSTHEORIE
5.1. Empirismus
5.2. Wissenschaftsforschung
5.3. Feministische Epistemologien
5.4. Situiertes Wissen
5.5. Epistemische Gewalt
6. WISSENSCHAFT UND DIE PSYCHOTHERAPEUTISCHE PRAXIS
6.1. Der Bezug zwischen Psychotherapie, Wissenschaft und Philosophie
6.2. Die Wichtigkeit der Wissenschaft für die Psychotherapie
6.3. Welche Impulse befriedigt die Wissenschaftlichkeit?
7. SCHLUSS
1. Einführung
Dieser Kurs möchte aufbauend auf wissenschaftstheoretischen Diskussionen eine kritische Wissenschaftskompetenz fördern. Wir werden hier sowohl die gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse, die die Wissenschaften prägen, als auch deren demokratischen und befreienden Anspruch kritisch beleuchten. Ziel ist, angehende Psychotherapeut_innen zu befähigen, über die Rolle der Wissenschaft in ihrer Arbeit mit Klient_innen reflektieren zu können, sowohl in der unmittelbaren Supervision ihrer Arbeit als auch in gesellschaftlichen Diskussionen, welche die psychotherapeutische Arbeit berühren.
Wir beginnen mit einer Bestandsaufnahme unserer eigenen Bilder der Wissenschaft und betrachten dann historische Episoden aus der Naturwissenschaft, in denen ihr Selbstbild sich radikal verändert hat (Kapitel 2), und den Einfluss der Herrschaftsverhältnisse auf die Wissenschaftsproduktion diskutieren.
Auf der anderen Seite beeinflusst die Wissenschaft ja maßgeblich die Herrschaftsverhältnisse. Wir wollen zunächst die Wissenschaft als politisches Programm im Kapitel 3 verstehen. Dabei werden wir sehen, dass die Wissenschaft sich in einer Krise befindet und auch, dass sie nicht aus unserem Denksystem auszuschließen ist (Kapitel 4). Wir werden anschließend diskutieren, wie sie sowohl als demokratische emanzipatorische Kraft als auch als Rechtfertigung für populistische Systemerhaltung wirken kann. (Kapitel 5).
Zuletzt wollen wir die theoretische Diskussionsebene verlassen und die Frage stellen, wie sich die Wissenschaftlichkeit auf die therapeutische Arbeit auswirkt. Was ist die Funktion der Wissenschaftlichkeit, auf der Ebene der Beziehung zwischen Therapeut_in und Klient_in? Welche Impulse befriedigt die Wissenschaftlichkeit? Was hat das mit der Klient_in, was hat es mit mir zu tun (Kapitel 6)?
2. Bilder der Wissenschaft ↑
2.1. Fremdbilder der Wissenschaft
Wie wird die Wissenschaft von Fremden gesehen?
Wir fragen uns zunächst und insbesondere, wie wird die Wissenschaft von den Teilnehmer_innen gesehen und gehen speziell auf folgenden Themen ein:
- Was ist Wissenschaft
- Gutes an der Wissenschaft
- Schlechtes an der Wissenschaft
- Meine Beziehung zur Wissenschaft; Was ist die Rolle der Wissenschaft in deinem Leben?
- Psychotherapie und Wissenschaft; Welche Rolle möchtest du, dass die Wissenschaft in deiner psychotherapeutischen Praxis spielt?
2.2. Selbstbilder der Naturwissenschaft ↑
Immer öfter wird die Wissenschaftlichkeit einer Aussage als Synonym dafür verwendet, dass sie über die Wirklichkeit spricht, und dass sie wahr ist. Das ist alles andere als selbstverständlich, und die Geschichte bietet uns zahlreiche Beispiele dafür.
2.2.1. Eine wissenschaftlich abgelehnte Wirklichkeit ↑
Meteoriten sind Steine, die vom Himmel fallen. Sehr greifbare Wirklichkeit also, aber sie haben erst 1803 den Status von Fantasie bzw. Aberglaube verloren und sind heute ein anerkanntes und vielerforschtes Phänomen.
Meteoriten sind selbstverständlich schon immer auf die Erde gefallen. Das erste dokumentierte und erhaltene Exemplar aber datiert von 1492! Davor wurden sie als eine übernatürliche Erscheinung gedeutet und die Leute haben mit Angst und religiöser Ehrfurcht reagiert, wenn sie einen vom Himmel fallenden Stein gesehen haben. Es wird zum Beispiel vermutet, dass der heilige Stein zu Mekka ein Meteorit ist.

Abbildung 1 - Der Hraschina Meteorit
Sogar im Zeitalter der Aufklärung hatte die wissenschaftliche Welt solch einen großen Widerstand gegen die Untersuchung von Meteoriten, dass viele Exemplare aus Museen und privaten Sammlungen abhanden gekommen sind. Es war eine unumstößliche Tatsache, dass nichts vom Himmel fiel, schon gar nicht Steine. Alle darüber existierenden Berichte wurden daher entweder als Aberglaube oder Betrug eingestuft. Noch im Jahr 1772 hat zum Beispiel Lavoisier, der berühmte Chemiker der Pariser Akademie der Wissenschaft, behauptet, es sei physikalisch unmöglich, dass Steine vom Himmel fielen. Die existierenden Exemplare seien vielmehr irdische Steine, die von einem Blitz getroffen wurden! Ernst Chladni, ein anerkannter Physiker, war der erste, der mit eigenen Ressourcen systematische wissenschaftliche Forschung über die Meteoriten betrieben hat. Seine Arbeit wurde aber einfach ignoriert, er bekam keine finanzielle Unterstützung, seine Ergebnisse wurden verspottet.
Zu diesem Zeitpunkt wird die wissenschaftliche Welt zu einer Änderung ihrer Haltung gezwungen, und zwar wegen der simplen Tatsache, daß ihr die Meteoriten buchstäblich auf den Kopf gefallen sind! Am 26. April 1803 gibt es einen gewaltigen Meteoritenschauer in einem Vorort von Paris. Jean Biot wird von der Pariser Akademie der Wissenschaft entsandt, um den Fall zu untersuchen. Sein Bericht schließt mit folgenden Worten: „Es müssen ungefähr dreitausend Steinbrocken gewesen sein, die heulend und pfeifend herabstürzten – ein kosmischer Luftangriff größten Ausmaßes.“
Erst ab diesem Tag sind Meteoriten eine wissenschaftliche Wirklichkeit geworden.
2.2.2. Eine unwahre wissenschaftliche Tatsache ↑
Als nächstes diskutieren wir die umgekehrte Sachlage: ein wissenschaftlich viel untersuchtes Forschungsgebiet, bei dem es sich herausstellte, dass es auf reine Fantasie begründet war.
Am Anfang letztes Jahrhunderts hat die Physik höchst aufregende Momente erlebt. Das fabelhafte Gebäude mit den Grundpfeilern Mechanik, Optik, Elektromagnetismus und Thermodynamik, das gerade durch glänzende Errungenschaften des Jahrhundertendes fertiggestellt worden war, fing an, Risse in seinem Fundament zu zeigen. Diese waren von solchem Ausmaß, dass das Einstürzen des ganzen Gebäudes nicht unmöglich erschien. Der Euphorie über den Erfolg, die gesamte Natur erklärt zu haben, folgte das Erstaunen und die Ehrfurcht über die göttlichen Wunder wie Atome, Elektronen, Photonen, X-, N-, α-, β-, γ-Strahlen, die Relativitätstheorie und vieles mehr. Sie waren alle mit Hilfe der traditionellen Physik unerklärbare Phänomene, die explosionsartig mehr und mehr wurden. Man forschte fieberhaft und die Wissenschaftler_innen wurden mit einem Preis nach dem anderen für diese Entdeckungen gekrönt.
Die Leser_in hat sicher in der Schule von all diesen Wundern gehört. Oder doch nicht? – Nein, es ist nicht, weil sie einmal die Schule geschwänzt hat, daß sie die N-Strahlen nicht kennt. Die gibt es nämlich nicht. Aber sie sind wissenschaftlich bestätigt worden, ihre Eigenschaften wurden fünf Jahre lang studiert und klassifiziert von vielen Wissenschaftler_innen2. Es waren Physiker_innen, Biolog_innen, Physiolog_innen, Psycholog_innen. Alle Wissenschaftler_innen ersten Ranges, viele Mitglieder der schon genannten französischen Akademie der Wissenschaft. Der Leconte-Preis, die damalige wichtigste wissenschaftliche Anerkennung Frankreichs, wurde René Blondlot als Folge der Entdeckung der N-Strahlen verliehen. Es sind hunderte - "peer reviewed" - wissenschaftliche Arbeiten in wichtigen Zeitschriften veröffentlicht worden, wie zum Beispiel in den Comptes Rendus, einer der namhaftesten.
Blondlot war ein erfahrener experimenteller Physiker. Er war gerade dabei, dieselbe Art von Phänomenen zu untersuchen, die Röntgen 1895 zur Entdeckung der X-Strahlen führten. In diesen Studien, die den Zweck der Vertiefung der Kenntnisse über X-Strahlen hatten, ist er auf eine Reihe von neuen Eigenschaften gestoßen, die unmöglich X-Strahlen zuzuordnen wären. Folglich glaubte er, der Entdeckung einer neuen Strahlungsart gegenüberzustehen. Nach zwei Jahren Überprüfung seiner Ergebnisse war er ausreichend davon überzeugt, um sie 1903 in den Comptes Rendus zu veröffentlichen. Seine Experimente haben alle wissenschaftlichen Kriterien erfüllt und sind in verschiedenen Laboratorien unabhängig wiederholt worden. Die Ausstrahlung von N-Strahlen durch den menschlichen Körper und durch lebende und tote Zellen wurde untersucht. Quellen, Linsen und Prismen wurden entwickelt. Sogar die Spektroskopie einer solcher Strahlung ist gelungen. Ich wiederhole: einer solchen Strahlung, die nicht existiert! Ein Prioritätsstreit war der Höhepunkt der Aufregung. Es gab mindestens zwei weitere Wissenschaftler, die behaupteten, diese Strahlung einige Jahre vorher unabhängig voneinander beobachtet zu haben...
Die N-Strahlung hatte allerdings eine Eigenart: Sie konnte in anderen Ländern nicht beobachtet werden: Wissenschaftler_innen aus England, Deutschland und den USA konnten die französischen Ergebnisse nicht wiederholen (hieß sie vielleicht N von Napoleon?). Ein amerikanischer Physiker, R. W. Wood, wurde von Kolleg_innen verschiedener Länder dringend gebeten, nach Nancy zu reisen und persönlich festzustellen, was falsch reproduziert wurde. Während seines wissenschaftlichen Besuchs gelang es Wood, in einer Demonstration das Aluminumprisma, das angeblich das N-Strahlungsspektrum erzeugen würde, unauffällig zu entfernen. Diese „Sabotage“ müsste natürlich die erfolgreiche Durchführung des Experiments verhindern. Blondlot und sein Assistent bemerkten allerdings nichts und bekamen weiterhin die üblichen Ergebnisse. Wood veröffentlichte anschließend einen Bericht über seinen Besuch in der englischen(!) Zeitschrift Nature: Somit war bewiesen, daß es N-Strahlen nicht gibt. Die beobachteten Phänomene waren entweder kollektive Suggestion oder hatten irgendeine andere Erklärung.
Es ist wichtig zu betonen, dass es sich hier nicht um die Geschichte eines Scharlatans oder eines Betruges handelt. Blondlot war und blieb ein angesehener Physiker. Seine Entdeckung war den strengsten wissenschaftlichen Kriterien unterworfen. Sie ist von unabhängigen Wissenschaftler_innen anderer Laboratorien bestätigt worden. Es war sicher eine günstige psychische Atmosphäre da. Aber es war auch dieselbe Atmosphäre, die die schnelle Aufdeckung ermöglicht hat... Die Begeisterung hatte schlicht die Folge, die Lebensdauer dieses Wahrheitszyklus geringer als sonst zu machen. Während dieses Zyklusses waren die N-Strahlen wissenschaftliche Wahrheit, mit demselben Wert wie zum Beispiel die Tatsache, dass die Erde rund ist.
2.2.3. Jede Theorie findet in der Wirklichkeit ein Modell↑
Dieser Satz der Wissenschaftstheorie stellt unsere Wertauffassung auf den Kopf. Er zeigt, dass eine Theorie nicht mehr oder weniger wahr ist als eine andere. Was man bestenfalls sagen kann ist, dass sie auf diesen Teil der Wirklichkeit mehr oder weniger gut beschreibt.

Abb. 2 - Die flache unendliche Erde im gekrümmten Raum
Es ist genau so: Die Erde ist nicht rund! Diese Theorie ist nur besser geeignet, ökonomischer und wirksamer, um unsere Beobachtungen zu erklären. Eine flache Erde zum Beispiel in einer nicht-kartesischen Geometrie ergibt genau dieselben beobachtbaren Effekte, wie eine sphärische Erde in einem flachen Raum. Ja, sogar das schöne Satellitenfoto von der Erde in der Abbildung 2 ist kein Beweis dafür, daß die Erde rund ist. In der komplizierten nicht-kartesischen gekrümmten Geometrie bewegen sich die Lichtstrahlen nämlich nicht geradlinig, was die scheinbare Scheibenform der Erde erklärt. In dieser Geometrie ist das Foto ein Beweis eben für die Krümmung des Raumes! Es ist mathematisch unmöglich, sich ein Experiment auszudenken, das erlaubt, zwischen diesen zwei Theorien zu entscheiden.
Es ist nicht möglich, wissenschaftlich zu entscheiden, ob es die Erde ist, die sich um die Sonne dreht, oder die Sonne um die Erde. Der Heliozentrismus ist nur viel eleganter. Galileo war kein Ketzer, weil er die Wissenschaft verleugnet hat, er hat sich selbst schlicht nicht allzu ernst genommen. Damit hat er bewiesen, eine viel klarere Sicht der Wissenschaft zu haben als viele seiner damaligen (und heutigen) Kolleg_innen.
Wir könnten so fortfahren, stundenlang, einen Fall nach dem anderen erzählen, wo die scheinbare Objektivität, Neutralität und Universalität der Wissenschaft aufgedeckt wird und ihre Geschichte immer mehr einer „Soap Opera” gleichkommt. Die Geschichte der Wissenschaft ist nichts anderes als die Geschichte der Wissenschaftler (und der wenigen andersgeschlechtlichen Wissenschaftler_innen) und, wie von uns allen, ist sie eine Geschichte von Allüren, Eifersüchteleien, Irrtümern, aber auch eine Geschichte von Liebe, Großzügigkeit und Hoffnung.
2.3. Wie entsteht Wissenschaft? ↑
Nachdem wir diese unglaublichen Geschichten gehört haben, wo bleibt unser Glaube an die wissenschaftliche Wahrheit? Warum glauben wir, dass die Erde rund ist? Warum ist die Wissenschaft so mächtig?
2.3.1. Goethes Farbenlehre ↑
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Abb. 3 - Ein roter Cheeseburger
Es ist möglicherweise bekannt, dass Johann Wolfgang von Goethe nach Erscheinen von Isaac Newtons Optik auch eine Farbenlehre verfasst hat. Er wurde damals sehr kritisiert, weil er darin gegen einige Ergebnisse Newtons Stellung genommen hatte. Es sei schade, dass eine Person der Größe Goethes die Grenzen seiner Kompetenz nicht kenne, hieß es. Heute wissen wir, dass Goethe in vielerlei Dingen recht hatte: Nicht nur sind einige seiner Behauptungen unserem Farbverständnis viel näher, sondern es ist heute sogar bekannt, dass Newton Ergebnisse von Experimenten verwendet hatte, die er nie gemacht hat!
Die Farbwahrnehmung ist ein viel komplexeres Phänomen als die Wellenlänge des Lichtes. Einen faszinierenden Bericht darüber findet man in Oliver Sachs‘ „Eine Anthropologin auf dem Mars”3. Verblüffend ist der Artikel von Edwin Land in Scientific American4, wo ein Foto mit nur roten und weißen Pigmenten abgedruckt ist, dessen Wahrnehmung aber völlig bunt ist: Eine gelbe Zitrone und ein grüner Paprika haben eindeutig die richtige Farbe! Sieh den nebenstehenden Cheseburger.
2.3.2. Historisches Durchsetzungsvermögen ↑
Dieses ist ein berühmtes Zitat, manchmal auf James Clerk Maxwell, manchmal auf Max Planck, manchmal auf Albert Einstein zurückgeführt, das aber jedenfalls sehr gut die Umstände beschreibt, in denen sich Einstein in seinem berüchtigten Duell mit Niels Bohr befunden hat5. Einstein versuchte damals die Quantenphysik zu widerlegen. Die große Mehrheit der Physiker_innen hatte sie schon angenommen und sich nicht einmal die Mühe gemacht, das zu diskutieren. Aber für den Gründer der Kopenhagener Deutung der Quantenphysik, Bohr, war es eine Ehrensache, auch Einstein davon zu überzeugen.
Es war ein harter Kampf, jeder dieser Riesen verwendete Argumente, die sowohl raffiniert als auch mächtig waren. Im letzten Gefecht hat Bohr das Lieblingskind Einsteins, die Allgemeine Relativitätstheorie verwendet, um ein geniales Argument gegen die Quantenphysik zu entkräften. Diese Erniedrigung, die noch dazu öffentlich – während eines Kongresses, der alle damaligen wichtigen theoretischen Physiker_innen der Welt zusammenführte (Solvay Kongress) – passiert ist, war der Gnadenschuss, der Einstein zum Schweigen brachte.
Nach diesem Ereignis ist die Quantenphysik nicht mehr als eine Hypothese gesehen worden, sondern wurde von allen Physiker_innen als Wirklichkeit angenommen – sie wurde zu einer „wissenschaftlichen Wahrheit“.
Es gibt unzähligen Beispiele von wissenschaftlichen Theorien, die beiseite gelassen wurden, nicht weil sie sich als falsch erwiesen haben, sondern einfach, weil ihre Verfechter gestorben sind, oder weil sie nicht mehr daran geglaubt haben, oder weil sie sich einfach nicht mehr darum gekümmert haben... Wenn es niemanden gibt, der sie denkt, sterben sogar die Götter.
Aus diesem Grund ist die tägliche Aufgabe von Wissenschaftler_in, abgesehen davon, die Widerspruchsfreiheit und die Falsifizierbarkeit ihrer Theorien zu beweisen, mit ihren Kolleg_innen zu plaudern, sie davon zu überzeugen, dass sie recht haben, die anderen zu begeistern, so dass auch sie in dieselbe Richtung zu forschen beginnen und aus ihren Theorien wissenschaftliche Wahrheit machen. Es ist in diesem Sinne, dass Herbert Pietschmann1 über Intersubjektivität als wissenschaftliches Kriterium spricht: Die wissenschaftliche Richtigkeit ist nicht objektiv, sondern intersubjektiv. Das heißt, eine wissenschaftliche Theorie wird als richtig bezeichnet, wenn eine genügend große Anzahl von Fachgenoss_innen von ihr überzeugt ist. Ich betone: Pietschmann spricht hier vom Standpunkt eines international anerkannten Physikers.
2.3.3. Politische Stärke ↑
Das alles bringt uns zum Schluss, dass die ganze wissenschaftliche Frage viel mehr zum politischen als zum philosophischen Umfeld gehört. Was wir es in der österreichischen und internationalen Psychotherapieszene6, 7 gesehen haben, ist in Wirklichkeit die Art, wie Wissenschaft immer schon fabriziert wurde. Hier hat eine Reihe von Gruppierungen einen politischen Raum besetzt, von dem aus sie die Wissenschaftlichkeit ihrer Methode verkünden können. Ist dies einmal geschehen, sind sie diejenigen, die über die Wissenschaftlichkeit der anderen Gruppierungen entscheiden, das heißt, ob diese in den Klub aufgenommen werden oder nicht. Historisch gesehen sind diese Personen nicht aufgrund objektiver, wissenschaftlicher Kriterien in diesen Foren, sondern einfach als Folge geschichtlicher Oportunität, politischer Kräfteverhältnisse oder ihres persönlichen Einsatzes. Wenn wir die wären, die dort säßen, wären wir auch diejenigen, die über die Wissenschaftlichkeit anderer zu entscheiden hätten – und wir würden sie vielleicht ablehnen! Und das mit genau derselben wissenschaftlichen Objektivität (beziehungsweise genau demselben Mangel daran).
2.3.4. Anatomie ↑
Ein weiteres Beispiel wollen wir noch genau ansehen. Es geht um die wissenschaftliche Anatomie, einen "harten" naturwissenschaftlichen Zweig, der mehr als fünf Jahrhunderte alt ist und der mit den modernsten und teuersten bildgebenden Instrumenten dotiert ist. Wir werden sehen, dass es ein wesentliches, mit dem bloßen Auge sichbares Organ noch in den letzten Tagen des 20. Jahrhunderts komplett falsch in den Atlanten dargestellt wurde.
Hier sieht frau, wie sie noch vor kurzem im berühmten Grays Anatomy Atlas beschrieben wurde. Beachte den Größenunterschied in der Darstellung - im Bild und Text - beider Organe.
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| Das weibliche Genitalorgan | Das männliche Genitalorgan |
Es wurde auch in den großen Universitäten wie in der Wiener Universität komplett falsch unterrichtet. Dies obwohl mehrere wissenschaftliche Studien die richtige Beschreibung schon in den siebziger Jahren veröffentlicht hatten. Diese gehörten aber zu einer marginalisierten Gruppe, die der "main stream" nicht ernst genommen hat.
Erst als eine angesehene Ärztin einer angesehenen Uni es überprüft hat, wurde "richtig" geforscht und die Ergebnisse korrigiert.
Das heutige Bild:
1998 hat die Studie der australischen Wissenschafterin Helen O'Connell großes Aufsehen erregt und bewirkte, dass die richtige anatomische Beschreibung der Klitoris endlich in die Mainstream-Literatur Eingang gefunden hat. In der femistischen Literatur war sie schon längst korrekt dargestellt (siehe die weiterführende Literatur unten). Hier zeigen wir einen Ausschnitt einer BBC-Dokumentation zu dem Thema. Und doch bleibt das alte Bild noch lange erhalten, wie zum Beispiel im OB-Beipack:
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| BBC-Dokumentationsvideo | OB-Packungsbeilage |
Schlussfolgerungen:
- Was machen wir nun mit all diesen Erkenntnissen?
- Hat Wissenschaft denn überhaupt noch einen Wert?
- Warum dominiert sie die Welt? Willkür? Konspiration?
Wir werdem im nächsten Kapitel die Wissenschaft in einem philosophischen und historischen Kontext betrachten, um auf diese Fragen einzugehen.
3. Wissenschaft als Herrschaftsinstrument ↑
3.1. Eine Geschichte der Wissenschaft ↑
Wenn die Wissenschaft nun nicht in der Lage ist, die Wahrheit zu entdecken, wieso hat sie dann die privilegierte Stellung eingenommen, die sie heute in unserer Kultur besitzt? Um das zu verstehen, müssen wir einen kurzen Blick in die Geschichte der Kultur, in der sie sich befindet, in die Geschichte des abendländischen Denkens8, 9, werfen.
3.1.1. Logos, Physis und die Vorsokratiker ↑
Die Geschichte, die ich erzählen will, beginnt bei den Altgriechen in der Zeit, als die griechische Sprache geschaffen wurde, als das Denken begonnen hat, gedacht zu werden. Zu der Zeit waren die Denker über die Macht des Wortes erstaunt. Heraklit versuchte, es mit dem Begriff „Logos“ auszudrücken. Parmenides war von der „Physis“ fasziniert. Viel später erst wurden sie durch die starren Begriffe „Wort” und „Natur” übersetzt. Damals waren es noch sehr lebendige Begriffe, enthielten die ganze Dynamik der Wechselwirkung zwischen dem Denken und der Natur, zwischen „ich, die denkt” und der „Welt”, zwischen „Subjekt” und „Objekt”. Zu dieser Zeit war der Ausdruck Heraklits „alles fließt“ noch selbstverständlich. Sein und Nicht-Sein bildeten eine lebende Einheit, die sich immer veränderte, wie ein fließender Fluss.
3.1.2. Die Sophisten ↑
Dieser Fluss ist allerdings langsam zäh geworden, erfroren. Die Extreme haben sich allmählich getrennt, die Logik hat sich durchgesetzt, der Widerspruch ist aus dem Denken vertrieben worden. Das Wort war dabei, die Natur einzufangen.
Da haben sich die Sophisten herumgetrieben. Sie haben versucht zu verkünden, dass es unmöglich sei, die Welt (Physis) zu erklären (Logos). Sie waren eine Art „Terroristen“, weil ihre Sophismen eine echte Sabotage waren. Die Denker versuchten, die Wirklichkeit logisch zu erklären. Die Sophisten haben sie nachgeahmt und haben auch Zusammenhänge logisch erklärt. Ein Beispiel:
Ihre Schlussfolgerungen waren offensichtlich anders als die Wirklichkeit. Somit haben sie angekündigt, dass die „guten“ Schlussfolgerungen, also die der Denker, genauso auch eine Verfälschung der Wirklichkeit waren.
Sie haben Schulen der Rhetorik gegründet und waren die ersten Anwälte.
3.1.3. Plato, Aristoteles und die Geburt der Wissenschaft ↑
Die Sophisten verloren jedoch den Kampf, und die Trennung zwischen Wort und Natur, Subjekt und Objekt wurde fortgesetzt. Mit dem Werk der ersten "Philosophen" Platos und Aristoteles, die - im Gegensatz zu den Sophisten - das Wissen liebten, wurde der Widerspruch aus dem Denken vertrieben. Es entstehen die Logik (und danach die Metaphysik) und die Physik, Disziplinen, die das Denken und die Natur beschreiben, jetzt aber bewusst ohne Widersprüche oder Mehrdeutigkeit. Unmöglich gedacht zu werden zu Zeiten der Altgriechen, werden sie in den Höhepunkt des abendländischen Denkens, in die Wissenschaft münden. Mehr noch: Die Trennung verschwand aus dem Diskurs der Philosphen (was später als "Seinsvergessenheiten" bezeichnet wird).
3.1.4. Seinsdenken - eine Revolution in der Philosophie ↑
Heute, zweiundhalb Jahrtausende später, floriert die Wissenschaft.
In der Philosophie, die parallel aber nicht ebenso schnell gewachsen ist, hat Martin Heidegger eine Revolution hervorgebracht, deren Reichweite wir bis heute noch spüren. Heidegger war ein überzeugter und aktiver Nationalsozialist, der sich auch nach dem Krieg davon nicht distanziert hat. Trotz seiner nationalsozialistischen Täterschaft wird er als einer der wichtigsten Philosophen der Geschichte und sein Hauptwerk "Sein und Zeit" als das Jahrhundertwerk des 20. Jahrhunderts gesehen. Seine Arbeit hat die Denker nach ihm zutiefst beeinflusst und ist eine der Wurzeln des Existentialismus und der ganzen Post-Moderne.
Heidegger verwendet den Begriff „Denken" in einer für ihn typischen Art, Worte eigenmächtig zu benützen. Unter Denken meint er nicht irgendwelche Gehirnströmungen und genauso wenig irgendwelche Sätze, die wir still in unserem Geist formen. Es geht ihm um eine tiefe Selbsterfahrung, um eine Auseinandersetzung mit der existentiellen Frage nach dem Sinn des Seins:
"Das Denken, schlicht gesagt, ist das Denken des Seins" 9.
Das Denken hat eine ganz wichtige Dynamik: Wir können eine durch es gewonnene Einsicht nicht festhalten. Es hat viel mehr gemeinsam mit einer therapeutischen Beziehung als mit dem, was historisch in der Philosophie als Denken verstanden wurde. Es gibt einen kurzen und besonders wertvollen und verständlichen Text von Heidegger mit dem Titel "Was heißt Denken?"10, der sehr lesenswert ist. In diesem Text spricht er über das Denken in einer Form, die sehr überraschend wirkt, fast spielerisch. Wenn Heidegger über Denken spricht, werden wir immer wieder an die Beziehung zwischen zwei Personen erinnert. Zum Beispiel:
"Das zu-Denkende wendet sich vom Menschen ab.
Es entzieht sich ihm, indem es sich ihm vorenthält. […]
Was sich entzieht, kann den Menschen wesentlicher angehen und inniger in den Anspruch nehmen als jegliches Anwesende, das ihn trifft und betrifft."
Könnte man das nicht über eine angebetete Person sagen?
3.1.5. Die Kluft zwischen Wissenschaft und Denken ↑
Wenn wir das Denken so verstehen, dann ist es klar, dass es ganz etwas anderes als Wissenschaft ist. In seinem Buch "Focusing und Philosophie"11 zeigt Johannes Wiltschko, zum Beispiel, wie Eugene Gendlin praktisch vorführt, dass Denken viel näher beim Focusing als bei der Wissenschaft liegt. Heidegger formuliert diese Tatsache in der Mitte seiner Schrift "Was heißt denken?"10 (S. 127) auf eine sehr provokante Weise.
Genieße es:
"Das bisher Gesagte und die ganze folgende Erörterung hat nichts mit Wissenschaft zu tun und zwar gerade dann, wenn die Erörterung ein Denken sein dürfte. Der Grund dieses Sachverhaltes liegt darin, daß die Wissenschaft nicht denkt. Sie denkt nicht, weil sie nach der Art ihres Vorgehens und ihrer Hilfsmittel niemals denken kann – denken nämlich nach der Weise der Denker."
Hier bezieht er sich auf das, was wir im nächsten Kapitel noch näher beschreiben werden – die Aufgabe der Wissenschaft ist messen, nicht denken. Nach diesem radikalen Satz versucht er die Leser_innen zu kalmieren:
"Daß die Wissenschaft nicht denken kann, ist kein Mangel, sondern ein Vorzug. Er allein sichert ihr die Möglichkeit, sich nach der Art der Forschung auf ein jeweiliges Gegenstandsgebiet einzulassen und sich darin anzusiedeln. Die Wissenschaft denkt nicht. Das ist für das gewöhnliche Vorstellen ein anstößiger Satz. Lassen wir dem Satz seinen anstößigen Charakter, auch dann, wenn ihm der Nachsatz folgt, die Wissenschaft sei, wie jedes Tun und Lassen des Menschen, auf das Denken angewiesen." (S. 127–128)
Aber es ist nicht genug zu sagen, dass Denken und Wissenschaften zwei verschiedene "Sachen" sind. Es ist viel mehr: Sie sind nicht unter einen Hut zu bringen. Der große Versuch der zweieinhalb Jahrtausenden alten Philosophie, es doch zu tun, ergab die Metaphysik mit ihrer Seinsvergessenheit. Heidegger fasst dies in folgender Weise zusammen:
"Die Beziehung der Wissenschaft zum Denken ist nur dann eine echte und fruchtbare, wenn die Kluft, die zwischen den Wissenschaften und dem Denken besteht, sichtbar geworden ist und zwar als eine unüberbrückbare." (S. 128, meine Hervorhebung, denn dies ist eine der zentralen Aussagen dieses Workshops)
Die Aussage hier ist dreierlei: 1) Es gibt eine Kluft; 2) sie ist unüberbrückbar; und 3) eben diese Einsicht bringt uns weiter. Es ist dabei ganz wichtig zu erkennen, dass diese zwei Handlungen des Menschen nicht vereinbar sind, denn jeder Versuch das doch zu tun, tötet das Denken.
Ich zitiere weiter:
"Es gibt von den Wissenschaften her zum Denken keine Brücke, sondern nur den Sprung. Wohin er uns bringt, dort ist nicht nur die andere Seite, sondern eine völlig andere Ortschaft."
Er erklärt dann noch einmal, warum das nicht geht:
"Wer das, was nur offenkundig wird, insofern es von sich her erscheint, indem es sich zugleich verbirgt, [nämlich das Denken] wer solches noch beweisen und bewiesen haben will [das wäre die Brücke zur Wissenschaft], urteilt keineswegs nach einem höheren und strengeren Maßstab des Wissens. Er rechnet lediglich mit einem Maßstab und zwar mit einem ungemäßen [schon wieder ein schönes Wortspiel…]. Denn was sich nur so kundgibt, daß es im Sichverbergen erscheint, dem entsprechen wir auch nur dadurch, daß wir darauf hinweisen und hierbei uns selber anweisen, das, was sich zeigt, in die ihm eigene Unverborgenheit erscheinen zu lassen [vielleicht ist den Leser_innen jetzt klar, warum Heidegger so verwoben spricht]. Dieses einfache Weisen ist ein Grundzug des Denkens, der Weg zu dem, was dem Menschen einsther und einsthin zu denken gibt. [Die Sache der Wissenschaft dagegen ist Beweisen.] Beweisen, d. h. aus geeigneten Voraussetzungen ableiten, läßt sich alles. Aber Weisen, durch ein Hinweisen zur Ankunft freigeben, läßt sich nur Weniges und dieses Wenige überdies noch selten. (S. 128, Text in eckigen Klammern sind meine Kommentare)
Noch ein letztes Wort. Warum nicht den Begriff "Seinsdenken" statt "Denken" verwenden? Die Einführung dieses neuen Begriffes würde uns zu Seinsvergessenheiten verleiten, würde uns dazu verführen, die Seinsfrage zu vermeiden. Wir aber wollen das Gegenteil erreichen: dass uns nämlich in allem Gedachten, in jedem Satz gar, die Seinsfrage vergegenwärtigt wird. Darum bleiben wir beim Wort Denken und forcieren immer erneut die Frage: Was heißt denken?
3.2. Die Wissenschaft als politisches Programm ↑
3.2.1. Das politische Programm Galileis ↑
Zu Zeiten Heraklits unmöglich gedacht zu werden, wird die Trennung zwischen mir und der Welt in die grösste Leistung des abendländischen Denkens münden, nämlich in die Wissenschaft. Dies wird in der Neuzeit am prägnantesten durch einen Spruch Galileis ausgedrückt. Er sagt, dass der Sinn der Wissenschaft, der ist
alles zu messen, was messbar ist.
Damit drückt er den Dominanzanspruch der Wissenschaft sehr gut aus. Aber er bleibt nicht dabei. Dem Satz setzt er noch hinzu:
alles messbar machen, was nicht messbar ist!
Damit macht er - nein eigentlich spricht er nur aus, was Aristoteles schon vollzogen hatte - aus der Wissenschaft ein politisches Programm. Das bedeutet, dass wir kulturell in einer Welt leben, in der wir automatisch dazu "genötigt" werden, alles zu erklären, alles unter die Fuchtel eines rationalen Diskurses zu bringen. Weil dies in der Tat die einzige Möglichkeit ist, Widersprüche fernzuhalten.
Das ist eine epistemologische Dynamik, die wir in der Entwicklung der Wissenschaft leicht erkennen können: Die Forschung bringt zunächst positive Ergebnisse; doch mit der Zeit häufen sich Schwierigkeiten, Probleme, gar Widersprüche. Dann kommt man zu einer neuen Erkenntnis, ein Paradigma wird gewechselt, und plötzlich lassen sich all diese Sache erklären. Das Forschungsgebiet hat sich verbreitet und der Zyklus beginnt von vorne.
3.2.2. Das Problem des Anderen ↑
Der Psychoanalytiker und Soziologe Tzvetan Todorov schreibt in seinem Aufsatz "Die Eroberung Amerikas: das Problem des Anderen"12 über die Schwierigkeit, die wir in unserer Kultur haben, mit dem "Anderen" umzugehen. Wir tun uns sehr schwer, mit jemandem, der grudsätzlich anders ist als wir, zu kommunizieren. Wir nehmen automatisch eine Haltung an, die ihn entweder verleugnet, verdrängt, vernichtet oder ihn integriert, assimiliert. Sein Anders-Sein wird aber am liebsten aus der Welt geschafft. Das sehen wir heute symptomatisch bei dem Umgang mit den Ausländer_innen: Die radikalen Parolen gehen in Richtung "Ausländer raus" oder "sie sollen g'scheit deutsch lernen". Den Nachbarn als einen Träger einer anderen Kultur neben uns zu dulden, uns gar an seiner Gegenwart zu erfreuen, erfordert sehr viel persönliches Engagement und innerliche Bereitschaft zur Veränderung.
Genauso geht es uns übrigens in der Psychotherapie mit der Klient_in. Die größte Herausforderung der Therapeut_in ist eben die, sich auf die Klient_in als eigenständige Person einzulassen, die Spannung des Andersseins der Klient_in zuzulassen, zu erleben, dass sie anders tickt als die Therapeut_in, sie aber doch zutiefst zu verstehen.
Auf einer anderen, Ebene nämlich in der Wechselwirkung mit anderen Denksystemen, verursacht das politische Programm der Wissenschaft einen unausgeglichenen kulturellen Kampf. Galileis Anweisung zwingt uns dazu, bei jeder Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur, sie zu vereinnahmen, zu „verwissenschaftlichen” oder sie zu verdrängen, unglaubwürdig zu machen.
Dies findet zunächst auf einer symbolischen, abstrakten Ebene statt. Wir sprechen hier von einem zivilisatorischen Schritt (wie, zum Beispiel, bei der Christianisierung mancher brasilianischen indigener Völker und in der Okzidentalisierung Japans). Wenn der Widerstand dagegen aber stark ist, wird der Ausschluß anderer Denksysteme auch wörtlich durchgeführt. Es führt zum reellen Krieg, wie bei den Gemetzeln der aufsässigen indigenen Völker in Latein- und Nordamerika. Da werden Völker vernichtet unter dem Vorwand, sie zu christianisieren, ihnen den wissenschaftlichen Fortschritt aufzuzwingen.
Die Eroberung Amerikas war ein Völkermord sondergleichen (in Amerika wurden zwischen 1500 und 1600 70 Millionen Menschen durch die Kolonisation ermordet. Das waren 18% der Erdbevölkerung, in heutigen Zahlen 1,2 Milliarden Menschen). Die brachiale Gewalt der Conquistadores führte zu zahlreichen ideologischen Auseinandersetzungen bei den Kolonialherren. Es gab zum Beispiel die berühmte Kontroverse von Valladolid, in der die Legitimität der Christianierung debatiert wurde. Die Diskussion führte schließlich zur Frage, ob die "Indianer" Menschen sind 14. Heute klingt die Frage absurd - erinnert euch aber an die Diskussion über die Meteoriten!
Im Film von Steven Spielberg: Amistad - Das Sklavenschiff 15 geht es darum, ob Sklaven Menschen oder Ware sind. Der Film illustriert dieses Dilemma durch die reelle Geschichte eines Sklavenschiffs in der Mitte des 19. Jahrhunderts, wo den Sklaven ihre Befreiung gelungen ist. Frei aber zugleich gefangen in einem Schiff inmitten des Ozeans, ohne navigieren zu können, werden sie nach Monaten durch ein Schiff der amerikanischen Marine gefunden und nach Connecticut gebracht.
| Dort angekommen werden sie festgenommen, und gegen sie wird ein Prozess geführt. Der nebenstehende Filmabschnitt erklärt die recht komplizierte rechtliche Ausgangssituation: | Δ
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Die Sklaven werden vor Gericht geführt und es entsteht ein riesiges Durcheinander: Geht es da um einen Befreiungsakt oder um Piraterie? Sind sie Eigentum von Spanien, wie der amerikanische Außenminister behauptet, oder vielmehr privates Eigentum der Sklavenhändler oder gar Finderlohn der Schiffskommandeure? | Δ
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| In der Logik des rationalen Denkens scheint sich der Pallawatsch doch auf eine recht simple Rechtsfrage reduzieren zu können: Sind sie Menschen oder Ware? | Δ
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Um das herauszufinden, muss man - in der rationalen Rechtslage der 1850-Jahre - beweisen, dass sie als freie Menschen - also in Afrika - und nicht als Sklaven - also in Kuba - geboren wurden.
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| Im Gegensatz zur vorigen Szene sieht man, wie außerhalb des rationalen Diskurses Verständigung doch möglich ist.
Der Prozess endet zugunsten der freigeborenen Afrikaner_innen. | Δ
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| Auf Druck von Spanien und der sklavenhaltenden Südstaaten legt der amtierende amerikanische Präsident Berufung vor dem obersten Gericht ein. Dieses entscheidet wieder im Sinne der Freiheit, was zu einem der Auslöser des amerikanischen Bürgerkrieges wird. Wenn du möchtest, schau dir noch den letzten Filmabscnitt an mit der schönen Rede vom ex-Präsidenten John Quincy Adams (Anthony Hopkins), Sohn des zweiten Präsidenten John Adams. | Δ
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In der letzten Szene vom Filmabschnit ist auch noch sehr schön zu sehen, wie der weiße die Worte des Schwarzen in seinem Diskurs angenommen hat: "Die Beziehung der Wissenschaft zum Denken ist nur dann eine echte und fruchtbare, wenn die Kluft, die zwischen den Wissenschaften und dem Denken besteht, sichtbar geworden ist und zwar als eine unüberbrückbare"
3.3. Fakenews - Vorbereitung zum zweiten Teil ↑
Seit einigen Kapiteln schieben wir folgende Fragen vor uns hin:
- Was machen wir mit all den Erkenntnissen über die Natur der Wissenschaft?
- Hat Wissenschaft denn überhaupt noch einen Wert?
- Warum dominiert sie die Welt? Willkür? Konspiration?
Diese Fragen sind heute brisant, wenn wir an die Diskussion um die Corona-Maßnahmen denken.
Hier als Beispiel ein Artikel vom Standard vom 29.10.2021: Niedrige Corona-Impfquote: Wissenschaftsleugnung
Nicht mehr so ätzend, aber genauso hoch aktuell ist das Thema der Fakenews, der bestellten Umfrageergebnisse. Wo endet die Wirklichkeit, wo beginnt die Manipulation?
Weiter:
- Was ist Objektivität?
- Was sind Tatsachen?
- Inwiefern ist die Welt ein besserer Ort durch die Wissenschaften?
- Inwiefern ist die Wissenschaft für ihre Entdeckungen verantwortlich?
- Was macht „gute Wissenschaft“ aus? Wie können wir sie erkennen?
Ich möchte hier einen Diskussionsraum aufmachen, der uns vorbereiten soll für den zweiten Teil des Workshops, wo wir das Konzept von kritischer Wissenschaftskompetenz einführen und Elemente, die dafür notwendig sind, betrachten werden.
Diesen Raum zu öffnen ist zugleich ein Wagnis: Ich will nicht über Inhalte diskutieren - also über Corona-Maßnahmen oder -leugnung, über Kurz' Unschuld, über die Richtlinien vom Ministerium zur Ausgrenzung von Esoterik. Ich hoffe es gelingt uns, auf einer Metaebene zu bleiben, und die Argumente zu betrachten, die in solchen Diskussionen verwendet werden. Genauso, wie wir im Kapitel über Anatomie nicht über die Klitoris diskutiert haben, sondern über ihre Forschung in der Wissenschaft.
Ich nehme die Herausforderung an und rechne mit eurer Kompetenz 😉
4.0. Exkurs: Der aktuelle Konflikt um die Covid-Impfung ↑
Es wäre doch gelacht, würden wir uns in einem Kurs über Wissenschaft und Psychotherapie nicht mit der aktuellen Polemik um die Pandemie befassen!
Ich mache hier also einen Raum für diese Diskussion auf. Er soll selbstverständlich ein Raum des respektvollen Umgangs miteinander sein. Und doch bitte ich jede_n von euch, genau zu überprüfen, wie weit du dich emotional und sachlich auf die Diskussion einlassen willst. Du kannst dieses Kapitel auch gänzlich überspringen Die Diskussion soll auschließlich dem Zweck dienen, dein Verständnis über Wissenschaft zu erweitern, und nach Möglichkeit auch das Ziel der Lehrveranstaltung "kritische Wissenschaftskompetenz" zu üben. Es ist nicht Zweck dieser Diskussion, zu irgend einer Position in der Polemik zu gelangen😉
Ich werde darauf schauen, dass die Diskussion stets aus der Perspektive der Wissenschaftstheorie bleibt.
Hier ein paar Thesen als Anregung zur Diskussion:
Zur "Labor-" versus "Alltagssituation":
Eine Laborsituation ist eine, die gewollt realitätsfremd ist. Da bemüht man sich, die Variablen so sehr - manchmal sogar extrem - einzuschränken, damit man nur einen bestimmten Aspekt des Prozesses sieht. Natürlich geht dadurch eine "Verfälschung" der Wirklichkeit einher. Das ist ein "billiger" Preis, den man in der Naturwissenschaft leicht im Kauf nimmt. In den Psychotherapiewissenschaften ist das schon viel komplexer, und eine Laborsituation kaum zu erreichen bzw. noch sinnvoll.
Was nun die Corona-Impfung betrifft, haben wir die paradoxe Lage, in der die "Alltagssituation" die Laborbedingungen weit übertroffen hat. Es wurden nun Milliarden Dosen verabreicht, und wir können somit Details über Wirkung und Nebenwirkung beobachten, die hunderttausendfach genauer sind als jede großangelegte Studie je erreichen würde! Es gibt kaum Medikamente, wenn überhaupt, die so oft angewendet wurden.
Ein vielverwendetes Madikament ist zum Beispiel Aspirin. Keine_r hätte Angst, es zu nehmen. Doch ist die jährliche Anzahl an tödlichen Ereignissen im Zusammenhang mit Aspirin allein in den USA über 16.000! Diese Zahl wäre bezüglich der Corona-Impfung gänzlich undenkbar.
Zum Zusamenhang zwischen dem Vertrauen in die Wissenschaft und dem Internet:
Ich denke, dass wir durch den immer leichter werdenden Zugang zu Information, unter anderem durch die Nutzung des Internets, in einr total neue Beziehung zur Wissenschaft kommen. Es ist nun sehr leicht Wissenschaftsartikel zu lesen, ohne in die Rieten der Wissenschaftsgemeinschaft eingeweiht worden zu sein. Diese "Demokratisierung" ist sehr zu begrüßen. Gleichzeitig aber erleichtet sie den Anschein, selbst fundiertes Wissen zu haben, ohne die kritische Auseindersetzung mit den Peers zu durchgehen. Und auch ist es heute viel, viel leichter, solches Wissen unter ein großes Publikum zu verbreiten. Dieses Publikum ist natürlich nicht in der Lage, "ausdiskutiertes" (gutes) von "ausweichendem" (schlechtem) Wissen zu unterscheiden.
Und unter "normalen" Umständen, wollen wir das gar nicht: Keine_r von uns hat im Internet recherchiert, wie hoch die Unfallstatistik für Airbus ist, das Flugzeug, das für den Urlaub genommen wird. Die Pandemie bringt die Gesellschaft in so eine große psychosoziale Spannung, dass nun die kleinsten Effekte sehr stark aufgeblasen werden. Warten wir nur ab, bis der Spuk vorbei ist, dann wird wohl die Diskussion über die Impfung auf einer ganzen anderen Basis geführt werden.
Zum Unterschied zwischen Fachleuten und Wissenschafter_innen:
Ich bin Physiker und weiß sehr wohl, wie ein Flugzeug fliegt. Mein Wissen darüber ist aber tausenmal geringer als das Wissen eines Boeing-Ingenieurs, der seit dreißig Jahren solche Flugzeuge baut. Es wäre total vermessen zu meinen, ich wüsste besser über die Probleme Bescheid, die die Boeing-737-MAX zum Absturz geführt haben!
Also auch die Titulierung "Arzt" oder "Professor" oder "Wissenschafter" qualifiziert eine Person nicht, die Erkenntnisse über die mRNA-Impfung von tausenden von Forscher_innen, die seit Jahrzehnten daran arbeiten, zu desavouieren!
4. Die Krise der Wissenschaft ↑
Wenn das letzte Jahrhundert nun das Jahrhundert der Krönung der Wissenschaft ist, ist es zugleich das Jahrhundert des Widerspruchs innerhalb der Wissenschaft. Die Wissenschaft entdeckt langsam ihr Stigma, sie sieht sich aber zugleich in ihrem Schicksal eingefangen. Das ist das Jahrhundert des Paradigmenwechsels, des Selbstbezuges, der Krise der Wissenschaft.
Diese Krise des wissenschaftlichen Denkmodells kann sehr gut in einem Beispiel der modernen Physik gesehen werden. In der Welt des sehr Kleinen kann man unmöglich etwas beobachten ohne das Ganze beträchtlich zu stören. Und das ist nicht eine Frage der Technologie, so daß wir es irgendwann noch schaffen würden, sondern es gehört zur Natur der mikroskopischen Welt. Eine Unterscheidung zwischen Objekt (das zu messende Teilchen) und Subjekt (die Meßsonde) ist nicht möglich. Dieser Tatbestand kann sich auch in der Unmöglichkeit ausdrücken, festzustellen, ob zum Beispiel ein Elektron ein Teilchen oder eine Welle ist.
Die Physik des Anfangs des XX. Jahrhunderts befand sich daher vor einem riesigen Widerspruch, der die gesamte philosophische Welt bedrohte. Es bedurfte eines gewaltigen Umdenkens, um diesen inneren Widerspruch zu lösen. Die Begriffe Teilchen und Wellen werden durch einen neuen ersetzt, die Wellenfunktion. Diese benimmt sich unter gewissen Umständen als Teilchen und unter anderen Bedingungen als Welle. Im allgemeinen ist sie aber eben ein neuer Begriff, ein neues Phänomen, das ganz andere Eigenschaften hat. Auf den ersten Blick scheint der Wissenschaft das Lösen des Gordischen Knotens gelungen zu sein. Sie hätte in einem Griff sogar den Urwiderspruch zwischen Subjekt und Objekt erklärt, nicht nur weggeschoben, sondern wirklich erklärt. Allerdings passiert dies nur bei oberflächlicher Betrachtung. Die Wellenfunktion ist ein objektives Faktum, sie ist in der Tat die best bemessene Größe der Wissenschaftsgeschichte. Und dies ohne irgendeine Mehrdeutigkeit!
Wir kommen also zurück zum Anfang. Der Widerspruch kann nicht erklärt werden, er kann nur weggeschoben werden. Er ist aber allgegenwärtig:
4.1 Selbstbezug ↑
Die Krise der Wissenschaft wird am besten anhand eines Selbstbezugs erklärt. Betrachte den Satz:

Dieses Bild "Drawing Hands" von M.C.Escher ist copyright geschütz und wird hier ausschließlich als "faire" Benützung zur Illustration eines Selbstbezugs benützt.
Er hat eine ganz besondere Eigenschaft: man kann sich nicht entscheiden, ob er falsch ist oder nicht. Weil – angenommen er sei richtig – dann behauptet er, dass er falsch ist. Und umgekehrt, angenommen er sei falsch – dann sagt er eben, er sei richtig! Also was jetzt? Beinhaltet er einen Widerspruch? Auch darüber können wir nicht entscheiden.
Das hat zur Folge, dass die Wissenschaft, deren Hauptaufgabe es ist, den Widerspruch zu verhindern, ganz besonders Acht geben muss, solche Sätze in ihrem Diskurs nicht zuzulassen.
Aber Sache ist, dass solche Sätze sich oft in den harmlosesten Formen verstecken. Lange Zeit hat die Mathematik zum Beispiel mit einer sogenannten Universalmenge gearbeitet. Erst in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat Kurt Gödel bewiesen, dass es eine solche Menge nicht geben kann. Die Basis seiner Argumentation liegt darin, dass die Universalmenge, sprich die Menge aller Mengen, in sich ein Selbstbezug ist und daher unentscheidbar. (Im zum Teil ausufernden Werk „Gödel, Escher, Bach – Ein endlos geflochtenes Band"13 wird der Satz der Unvollständigkeit von Gödel erklärt und über seine Implikationen und andere Zusammenhänge referiert. Im Wikipedia wird er einfach, aber fair dargestellt: Gödelscher Unvollständigkeitssatz.)
Und wie sollen wir uns gegenüber scheinbar harmlosen Sätze wie:
verhalten? Sind sie zuzulassen? Wenn wir uns für „ja" entscheiden, befinden wir uns in großen Schwierigkeiten. Wir würden dann zu bloßen Zensoren herabgesetzt sein, denn der Unterschied zwischen diesem Satz und dem vorherigen liegt nur in dem Inhalt – das heißt wir müssten willkürlich jetzt entscheiden, welche Inhalte annehmbar sind und welche nicht! Aber wenn wir den Satz ablehnen – der Form und nicht des Inhalts wegen – weil er sich auf sich selbst bezieht, heißt das, wir sollten alle Selbstbezüge ablehnen, auch die, die richtig sind? Bleibt dann noch überhaupt ein möglicher Satz über? Und woran erkennen wir einen „richtigen" Selbstbezug, wenn er nicht sofort ins Auge springt? So ist die missliche Lage der Wissenschaft: Sie lebt in einer immerwährenden Krise. Sie muss stets überprüfen, ob ein Selbstbezug sich nicht unaufdringlich doch in ihr Inneres hinein geschlichen hat. Sie ist nicht der Geist, der stets verneint, nein, sie ist der Geist, der dazu verdammt ist, stets bejahen zu müssen.
Die Grenze der Wissenschaftlichkeit lässt sich an einem weiteren Beispiel aus dem Feld der Medizin gut zeigen. Die Frage der Ethik ist eine der grundlegendsten im Berufsbild der Ärztin. Der Hippokratische Eid drückt das seit Jahrtausenden sehr klar aus. In einer Paraphrase des Spruches von Galileo könnten wir den Eid, wie folgt, ausdrücken: „das Leben retten, was rettbar ist."
Es war für eine Ärztin, die vor hundert Jahren gearbeitet hat, selten ein Problem, sich daran zu halten. Aber mit der technischen Entwicklung der Medizin kommt sie immer wieder in Situationen, wo es ethisch total kompliziert wird bzw. der Eid nicht ausreicht oder gar nicht mehr vertretbar ist. Man denke zum Beispiel an die Ärztin, die eine völlige legal und ethisch vertretbare Abtreibung innerhalb der 3-Monaten Fristenlösung durchführt. Mit den heutigen Mitteln der Neonatologie ist es schon durchaus möglich, ein 3 Monate altes Frühchen zu retten. Also unmittelbar nach der Abtreibung müsste die Ärztin das Frühchen wieder beleben und in die Intensivstation aufnehmen. Was passiert dann?
Das ist nur ein Beispiel von vielen vielen anderen, wo die Machbarkeit nicht mehr reicht, wo die Wissenschaft der Medizin keine befriedigende Antwort mehr geben kann. Spätestens dort wird es sichtbar, dass die Wissenschaft an der Seinsfrage vorbeigeht und gehen muss.
4.2. Symbolische Sprachen ↑
Was können wir machen, um die Krise der Wissenschaft zu überwinden, wenn wir es nicht denkend tun können?
Es gibt Sprachen, die sich nicht für den wissenschaftlichen Feldzug eignen. Es sind Bastarde unserer Kultur, ausgegrenzt und verleumdet. Aber mit welcher Stärke!
Wir werden im Workshop eine Demonstration mit einer dieser Beispiele machen:
Tarot
In der Gestalttherapie verwenden wir Tarotkarten als Gestaltelement. Die große Wirksamkeit dieser Methode liegt an der Vollständigkeit des archetypischen Systems, das Jahrtausende lang entwickelt wurde. In dieser Methode ist auch sehr klar, wieso das Tarot eine symbolische, nicht-logische Sprache ist, die in sich Mehrdeutigkeit, Widerspruch und eine ganze Reihe von Emotionen beherbergt.
Astrologie
In der gleichen Weise verwendet die Astrologie, wenn sie seriös betrieben wird, auch eine symbolische Sprache, zusammen mit einem vollständigen archetypischen System, um im Austausch mit der Klientin eine erstaunlich genaue Beschreibung ihrer Persön-lichkeit zu ermöglichen.
Bachblüten
Ein anderes Beispiel, das moderner und deswegen zugänglicher ist, auch wenn es noch nicht durch die Jahrtausende verfeinert wurde, liefern die Bachblüten. Jede Essenz ist gewissen Symbolen zugeordnet, die bestimmten Persönlichkeitsstrukturen ihrerseits zugeordnet sind. Beabsichtigt ist die Identifikation der Klientin mit diesen Elementen. Die Aufmerksamkeit der Klientin wird auf den energetischen Stau gerichtet, und die Selbstregulation kann wieder einsetzen.
4.3. Emotionen und Körpergefühle ↑
Emotionen und Körpergefühle sind zwei Dimensionen des menschlichen Daseins, die in sich nicht zu verwissenschaftlichen sind: Emotionen oder Körpergefühle wissenschaftlich zu erklären bedeutet soviel, wie das Denken biologisch zu erklären: es ist ein Selbstbezug, sein Wahrheitsgehalt ist null. Immer, wenn es uns gelingt, eine Aussage auf einen Selbstbezug zurückzuführen, beweisen wir, daß diese Aussage nichts besagt.
Das Denken zu erklären bedeutet, zu erklären, warum ich dieses und nicht jenes gedacht habe, bedeutet, daß das, was ich gedacht habe, nicht richtig oder falsch ist, sondern nur eine biologische Folge gewisser Gesetze, die von meinem Willen unabhängig sind. Insbesondere hat dieser Gedanke, den wir hier anführen, keinen Wahrheitsgehalt und ist somit ein Widerspruch. Das heißt: zu behaupten, daß ich das Denken erklärt habe, ist dasselbe wie zu sagen: „dieser Satz ist falsch“, was dasselbe ist, wie nichts zu sagen.
Aus genau demselben Grund, kann ich Emotionen und Körpergefühle nicht erklären.
5. Wissenschaftstheorie ↑
Ich stelle jetzt besipielhaft Texte von herausragenden Epistemologinnen - das sind Leute, die über die Wissenschaft denken - vor.
Über diese Texte wurde im Kurs unter der Teilnehmer_innen diskutiert. Unten werden Quelle und wichtigsten Diskussionspunkte angegeben.
5.1. Zum vorherrschenden Wissenschaftsverständnis ↑
Quelle:
Rosa Costa und Iris Mendel:»TATsächlICH. Feministische Zugänge zu Wissenschaft vermitteln. Eine Sammlung von Lehrmaterialien«, S.67-70 Wien, 2017 erschienen im Rahmen des Sparkling-Science-Projekts "Critical Science Literacy" (2015-2017)
Inhalt:
Empirismus / Neopositivismus
- Erfahrung als Grundlage von Erkenntnis
- Experiment
- Die menschlichen Konstruktionsprozesse in der Formulierung der Naturgesetze werden ausgeblendet
- Objekte der Erkenntnis werden auf quantifizierbare Phänomene reduziert
Kritische Perspektiven auf den Empirismus
- Die Welt und die Forschenden lassen sich nicht klar voneinander trennen
- Erkenntnissubjekt ist nicht autonom, rational, körper- und geschlechtslos
- Erkenntnisobjekt reduziert sich auf Beobachtbares und logisch Überprüfbares
- Forschungsobjekte verändern sich durch die Beobachtung
- Wert- und theoriefreie Beobachtung ist nicht möglich
- Daten, Methoden und Theorien sind stets politisch
Sozialer und demokratischer Anspruch
- Erkenntnis soll allen Menschen gleichermaßen möglich sein
- und zur Verbesserung der Welt beitragen
5.2. Wie Wissenschaft gemacht wird ↑
Quelle:
Rosa Costa und Iris Mendel:»TATsächlICH. Feministische Zugänge zu Wissenschaft vermitteln. Ein Sammlung von Lehrmaterialien«, S.70-73 Wien, 2017 erschienen im Rahmen des Sparkling-Science-Projekts "Critical Science Literacy" (2015-2017)
Inhalt:
- Faktum ist "etwas, das gemacht worden ist".
- Im Laboratorium finden wir nirgends die "Natur",
- genauso wenig die "Suche nach der Wahrheit".
- Ziel der Wissenschaftler ist, Dinge zum Laufen zu bringen.
- Wissenschaftliche Resultate, einschließlich empirischer Daten, sind das Resultat eines Fabrikationsprozesses.
- Das Labor ist "eine lokale Ansammlung materialisierter früherer Selektionen".
- Banale Zufälle, persönliche Interessen, politische Strategien und soziale Dynamiken sind zentral in der Fabrikation von Erkenntnis.
5.3. Wissen und Geschlecht - Feministische Epistemologien ↑
Quelle:
Rosa Costa und Iris Mendel:»TATsächlICH. Feministische Zugänge zu Wissenschaft vermitteln. Eine Sammlung von Lehrmaterialien«, S.74-78 Wien, 2017 erschienen im Rahmen des Sparkling-Science-Projekts "Critical Science Literacy" (2015-2017)
Inhalt
Epistemologie fragt, was wissenschaftliches Wissen ist und wie es sich von anderen Formen des Wissens unterscheidet
- Positivismus: es macht keinen Unterschied, wer etwas „erkennt“ und welche theoretischen Annahmen dabei zum Zug kommen.
- Relativismus: stellt infrage, dass objektive Erkenntnis überhaupt möglich ist.
- Kritische Epistemologie geht davon aus, dass verbindliche Erkenntnisansprüche möglich und notwendig sind.
Kritische Epistemologie
- Erkenntnissubjekte sind nicht austauschbar.
- Sie prägen:
- das Erkenntnisinteresse von Menschen
- den theoretischen Blick,
- das methodische Vorgehen,
- die Forschungsergebnisse.
- Theorien und Begriffe
- sind nicht neutral.
- sind Teil der Gesellschaft,
- haben eine Geschichte und
- bestimmen mit, welches Wissen produziert wird.
- Epistemologien sind immer politisch.
Feministische Epistemologien
- Wissenschaft als sexistisches und androzentrisches Unterfangen
- Standpunkttheorien
- Feministische Standpunkttheoretikerinnen fordern, in der Wissensproduktion vom Leben von Frauen auszugehen.
Zusammengefasst:
"Für einen feministischen Standpunkt braucht es eine kritische Auseinandersetzung mit den herrschenden Machtverhältnissen und der Frage, wie diese mit eigenen Erfahrungen und Lebensbedingungen zusammenhängen."
5.4. Situiertes Wissen ↑
Quelle:
Rosa Costa und Iris Mendel:»TATsächlICH. Feministische Zugänge zu Wissenschaft vermitteln. Ein Sammlung von Lehrmaterialien«, S.79-81 Wien, 2017 erschienen im Rahmen des Sparkling-Science-Projekts "Critical Science Literacy" (2015-2017)
Feministische Objektivität (Donna Haraway)
Objektivität wird dann erhalten, wenn
- Positivismus: Die erkennende Person von allen persönlichen Merkmalen befreit wird;
- Situiertes Wissen: Das Wissen wird in konkreten Menschen verkörpert und in der Gesellschaft situiert.
Dieses Wissen ist nicht isoliert,
Positionierung impliziert Verantwortlichkeit.
Welches Wissen als rational und legitim angesehen wird,
5.5. Epistemische Gewalt ↑
Quelle:
Rosa Costa und Iris Mendel:»TATsächlICH. Feministische Zugänge zu Wissenschaft vermitteln. Ein Sammlung von Lehrmaterialien«, S.86-88 Wien, 2017 erschienen im Rahmen des Sparkling-Science-Projekts "Critical Science Literacy" (2015-2017)
Kolonialität des Wissens (Gayatri Spivak)
Dekonstruktion:
Westlich-modernes Denkens ist etwas Gemachtes
Epistemische Gewalt:
Gestattete Ignoranz:
Migrantinnen sollen die dominante Sprache erlernen,
6. Wissenschaft und die Psychotherapeutische Praxis ↑
6.1. Der Bezug zwischen Psychotherapie, Wissenschaft und Philosophie
Unter diesem Blickwinkel befindet sich die Psychotherapie auf derselben hierarchischen Ebene wie die Wissenschaft. Artikel, Bestrebungen, die Wissenschaftlichkeit der Psychotherapie zu diskutieren, bekommen eine ganz andere Perspektive. Hier geht es um die Suche nach einer Überlappung, nach Gemeinsamkeiten, und nicht um den Beweis einer Unterordnungs- oder Zugehörigkeitsbeziehung.

Wir überwinden die Krise der Wissenschaft nicht durch Erstellung von neuen, mächtigen oder geschickten Theorien. Es wäre eine aussichtslose Bestrebung, in der wir uns schließlich wieder am Ausgangspunkt befinden würden. Die Überwindung der Krise kann ja nicht gedacht werden. Was wir tun – jede von uns in ihrem Alltag –, ist eben nicht Theorie, sondern Therapie. Es ist zunächst nicht „anschauen“ (Θεωρε´ω), sondern grundsätzlich „da sein“ (Θεραπεν´ω). Dieses griechisches Wort kann durch folgende Begriffe übersetzt werden: behandeln, den Körper putzen, heilen, aber auch besorgen, dienen, verehren, den Hof machen (😊), begleiten.
Therapie besteht nicht darin, die psychische Organisation der Klientin zu denken. Es handelt sich viel mehr um eine Wechselwirkung zweier Subjekte. Auf diese Weise verliert die dialektische Beziehung zwischen Subjektivität und Objektivität ihren theoretischen Platz und kommt zu der Ebene der Wirklichkeit des Dialogs zweier Personen. Personen, die über sich sprechen, sich anschauen, sich berühren, und daher zugleich Objekte sind. Mit der ganzen Spannung des ursprünglichen „Logos“ von Heraklit. Es ist hier Platz für soviel Widerspruch, wie man nur will!
Anders als die Wissenschaft hat die Therapie nicht das Bestreben, neutral zu sein. Therapie ist nicht die Wechselwirkung zweier Subjekte, die unbeteiligt sind, sondern die Subjekte berühren sich in den unterschiedlichsten Ebenen ihrer Existenz: Sie berühren sich körperlich und erregen dabei alle unmessbaren elektrischen Impulse, die die zwei biologischen Organismen beherrschen. Sie berühren sich emotionell, und verursachen eine endlose Reihe von Übertragungen und Gegenübertragungen. Sie berühren sich existentiell, indem sie ihre Lebenswege zusammenbringen und wieder trennen.
Eine Verallgemeinerung der therapeutischen Beziehung ist schließlich nicht möglich. Jede Klient_in und jede Therapeut_in bilden ein einzigartiges Paar, das, je tiefer es in die Beziehung geht, sich umso mehr von allen anderen unterscheidet. In der Tat ist unser ganzes theoretisches Wissen über den therapeutischen Prozess nur am Anfang einer Therapie als grober Wegweiser nutzlich. Mit dem Verlauf der Therapie wird die Methode immer weniger wichtig, davon bleibt am Ende nur noch die Haltung gegenüber der Klient_in und ihrem Prozess. Gelotst von der Theorie zwar, aber auf einer viel tieferen existentiellen Ebene.
Wir können hier noch lange fortsetzen und Aspekte der Therapie benennen, die nicht in der Wissenschaft eingeschlossen sind, die die Wissenschaft herausfordern, und die einen Weg aus der Wissenschaft hinaus zeigen. In diesem Sinne bietet die Therapie eine Lösung – in der psychotherapeutischen Auffassung des Wortes – für die Krise der Wissenschaft.
6.2. Die Wichtigkeit der Wissenschaft für die Psychotherapie ↑
Im letzten Kapitel haben wir über die Wichtigkeit der Therapie, des humanistischen Denkens im allgemeinen für die Wissenschaft gesprochen. Wir betrachten jetzt das Gegenteil: die Bedeutung der Wissenschaft für die Therapie. Weil: Wenn die Wissenschaft keine Wahrheit erschafft, den Widerspruch nicht verhindert, warum sie dann nicht einfach ignorieren?
Wir haben schon gesehen, dass das unmöglich wäre. Es wäre eine Falle mit dem Zweck, uns ganz ruhig in den Kern der Wissenschaft zu stellen. Aber es gibt wesentlich gewichtigere Gründe für eine Auseinandersetzung mit der Wissenschaft als solcher. Die Psychotherapie hat von der Wissenschaft viel zu profitieren.
Der Grundgedanke ist die Tatsache, dass wir nicht isoliert sind, sondern in einer kulturellen Umwelt eingebettet. Diese Umwelt ist im wesentlichen wissenschaftlich. Die Folge ist, dass wir auf allen Ebenen unserer Auseinandersetzung mit ihr eine wissenschaftliche Haltung haben müssen. Daher führen wir den Dialog aus rein pragmatischem Grund.
Betrachten wir zuerst die gesellschaftliche Ebene. Im kollegialen Austausch, sei es mit Kolleg_innen unseres Vereins, anderer Schulen oder verwandter Gebiete, müssen wir eine gemeinsame Sprache verwenden. Eine Sprache, die uns erlaubt genau zu verstehen, was eine Kolleg_in, die vollkommen unterschiedliche Erfahrungen, Erlebnisse und Voraussetzungen hat als wir, uns sagen will. Es ist außerdem sehr nützlich – unter dem Kriterium der Wissenschaftlichkeit – Arbeiten schnell nach ihrer Qualität bewerten zu können.
Mit anderen Worten: Wir brauchen die Allgemeinheit, die Genauigkeit und die Falsifizierbarkeit der Wissenschaft, um den kollegialen theoretischen Austausch effizient zu gestalten.
Aber nicht nur im Wissensaustausch ist die Wissenschaft brauchbar. Auch auf der Ebenen unseres eigenen Diskurses, der theoretischen Reflexion unserer therapeutischen Tätigkeit. Denn, wenn es schon notwendig ist, metaphysisch zu denken, und wenn das Denken unvermeidlich wissenschaftlich ist, ist die Frage, die sich stellt, wenn ich über meine Tätigkeit reflektiere, nicht, ob ich es wissenschaftlich tue, sondern ob ich gute oder schlechte Wissenschaft betreibe.
Die theoretische Auseinandersetzung mit der therapeutischen Tätigkeit ist notwendigerweise wissenschaftlich. Je mehr wissenschaftliches Werkzeug ich zur Verfügung habe, um über diese Tätigkeit zu denken, umso höher kann die Qualität meiner Ausführung sein.
In derselben Weise gibt es einen Platz für die Wissenschaft innerhalb der therapeutischen Praxis. Eines der wesentlichen Elemente des psychotherapeutischen Prozesses ist das kognitive Erfassen ihrer Geschichte seitens der Klient_in. Dieses Verstehen kann zu einem ersten Zeitpunkt vielleicht simpel sein, soll aber, mit dem Fortschreiten der Therapie, immer mehr der aktuellen kulturellen Umwelt der Klient_in angepasst sein. Das heißt, die Klient_in in ihrem Autonomisierungsprozess, wird ihre Geschichte und ihre aktuellen Beziehungen immer mehr in einer erwachsenen Form betrachten. Das hat die Fähigkeit zur Folge, sich mit ihrer Umwelt adäquat auseinanderzusetzen, was oft bedeutet, in einer wissenschaftlichen Umwelt wissenschaftlich zu handeln.
6.3. Welche Impulse befriedigt die Wissenschaftlichkeit? ↑
Wissenschaftlichkeit und Missbrauch
Wir müssten jedoch noch etwas tiefer gehen und auf die Frage eingehen, die ausdrücklich in der Einführung gestellt wurde:
- Was ist der Sinn der Wissenschaftlichkeit auf der Ebene der Beziehungen innerhalb der Ausbildungseinrichtungen und der Beziehungen zwischen Therapeut_innen und Klient_innen?
- Was sind die Folgen davon?
- Welche Impulse befriedigt die Wissenschaftlichkeit?
- Was hat das mit mir zu tun?
7. Schluss ↑
In diesem Artikel habe ich gezeigt, dass die Wissenschaftlichkeit einer Aussage nicht notwendigerweise für ihre Richtigkeit oder Qualität bürgt; Dass die Wissenschaft nichts anderes ist, als eine willkürliche Art mit der Welt zu verkehren; Dass sie sich politisch und historisch durchsetzen kann, aber sich nicht auf die Begründung einer tieferen Erkenntnis berufen kann.
Ich habe anschließend einen Überblick über die Geschichte der Wissenschaft gegeben, um zu erklären, warum über eine Krise der Wissenschaft und über Paradigmenwechsel gesprochen wird. Ich beschreibe danach, in welcher Form die Wissenschaft mit unserer Sprache gekoppelt ist und betone die Wichtigkeit symbolischer Sprachen und der Emotionen und Körpergefühle.
Im diesem Zusammenhang ist es dann klar, daß die Psychotherapie sich auf derselben hierarchischen Ebene wie die Wissenschaft befindet und was sie von einander profitieren können. Wichtig dabei ist es, ihren Dialog in die richtige Position zu stellen: wenn wir unsere psychotherapeutische Arbeit wissenschaftlich diskutieren, tun wir es nicht, um die Therapie zu objektivieren, sondern um ein weiteres Arbeitsmittel in Interesse der Klient_in zur Verfügung zu haben.
Referenzen ↑
1. Herbert Pietschmann: „Das Ende des naturwissenschaftlichen Zeitalters”, Weitbrecht Verlag, Stutt-gart, 1980
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2. I. M. Klotz: „N-Strahlen: die Geschichte eines Irrtums”, in Spektrum der Wissenschaft, Juli 1980
3. Oliver Sachs: „Eine Anthropologin auf dem Mars”, Rowohlt Verlag, Hamburg, 1995
4. Edwin H. Land: „The Retinex Theory of Color Vision”, in Scientific American, (1977) 108
5. Abraham Pais: „’Raffiniert ist der Herrgott...’ – Albert Einstein, Eine wissenschaftliche Biographie”, Vieweg Verlag, Wiesbaden, 1986, S. 452-456
6. Kriz, J.: „Wissenschaftliche Regeln, Redlichkeit und Diskursbereitschaft“... in Psychotherapie Forum, 17 (2009), 90–95.
7. David Boadella: „Wissenschaft, Politik, Psychotherapie und der Körper“, in PULSATIONEN 27 (1998) 8
8. Marcio Tavares d’Amaral: „Filosofia e História”, Verlag Tempo Brasileiro, Rio de Janeiro, 1982; und „Homem sem Fundamento“, Verlag Tempo Brasileiro, Rio de Janeiro, 1995; In deutscher Sprache, am nächsten: Martin Heidegger, „Einführung in die Methaphysik“, Suhrkampverlag, 1953.
9. Heidegger, M. (1946/2004). „Brief über den 'Humanismus'“ (1946). In Wegmarken. Frankfurt am Main: Klostermann, S. 313–364.
10. Heidegger, M. (1952/2004b). „Was heißt Denken?“ (1952). In Vorträge und Aufsätze. 10. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 123–138.
11. Wiltschko, J. (2008). „Focusing und Philosophie. Eugene T. Gendlin über die Praxis körperbezogenen Philosophierens“. Wien: Facultas.wuv.
12. Tzvetan Todorov (2008). „Die Eroberung Amerikas: das Problem des Anderen", (2008), ISBN 978-3-518-11213-7
13. Hofstadter, D. R. (1991). “Gödel, Escher, Bach: Ein endlos geflochtenes Band“. München: Dt. Taschenbuch-Verl.










